Mithören
Mithören von Telefonaten - Verwertbarkeit der Zeugenaussagen
Mit Beschluss vom 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 + 1 BvR 805/98 =
NJW
2002, 3619
- hat das Bundesverfassungsgericht grundlegend Stellung genommen zur
Frage, ob
Zeugenaussagen über mitgehörte Telefonate verwertbar
sind:
In Fällen, in denen Dritte ohne Lautsprecher /
Zweithörer
mitgehört hatten,
waren deren Aussagen meist unergiebig, da die Dritten keine Kenntnis
über die
telefonischen Erklärungen des "Gesprächspartners auf
der
anderen
Seite" hatten.
In der Praxis häufen sich die Fälle, in denen Dritte
über Lautsprecher /
Zweithörer das komplette Gespräch mithören,
ohne dass
dies dem
"Gesprächspartners auf der anderen Seite" vorab mitgeteilt
wird.
Nach BVerfG verstößt das heimliche Mithören
Dritter
über Lautsprecher am
Telefon oder Zweithörer zwar nicht gegen das Grundrecht auf
Wahrung des
Fernmeldegeheimnisses (Art 10 GG), verletzt aber das
verfassungsrechtlich
gewährleistete Recht am gesprochenen Wort als Teil des
allgemeinen
Persönlichkeitsrechts
(Art 2 I GG).
Wenn der Gesprächspartner nicht ausdrücklich in das
Mithören einwilligt, ist es
Sache der Instanzgerichte, eine stillschweigende Einwilligung aus den
Umständen
heraus festzustellen. Gelingt das nicht, ist die Aussage des Dritten im
Zivilprozess unverwertbar. Dabei rechtfertigt "das bloße
faktische
Verbreitetsein" von Mithöreinrichtungen nicht den Schluss auf
eine
allgemeine Einwilligung. Insbesondere die Lautsprecherfunktion wird
regelmäßig
genutzt, um während des Telefonierens beide Hände
frei zu
haben. Selbst wenn
das Mithören Dritter im Geschäftsverkehr faktisch
häufig
und weitgehend üblich
sein sollte, reicht das ebenso wenig für eine stillschweigende
Einwilligung wie
eine Kenntnis des Gesprächspartners von der
Mithörmöglichkeit beim anderen.
Ähnlich haben geurteilt
BAG 6 AZR 189/08: Beweisverwertungsverbot im
Kündigungsschutzprozess
BGH XI ZR 165/02: unzulässige Vernehmung eines "Lauschzeugen"
OLG Düsseldorf 23 U 260/01: unzulässige
Zeugenvernehmung
OLG München 30 S 10659/04: unzulässige Verwertung der
Zeugenaussage auch dann, wenn eine juristische Person des Privatrechts
betroffen ist und ein Gespräch mit geschäftlichem
Charakter
belauscht wurde